Nach dem Überfahren der Grenze haben wir uns auf den Weg nach Uschgorod gemacht. Dort haben wir uns für die erste Nacht ein Hostelzimmer genommen. Auf den etwa 18 km bis in die Stadt haben wir bereits große Unterschiede zwischen den Ländern, in denen wir bisher waren, und der Ukraine festgestellt. Die Straßen sind hier ungleich schlechter. Die Kirchen sehen deutlich anders aus und es fahren unfassbar viele Ladas herum.

Als wir am Panorama-Hostel ankamen war es bereits dunkel. Müde und zufrieden über den glimpflichen Grenzübertritt haben wir in der Küche Reis mit Käse und Möhren gekocht und sind dann schlafen gegangen. Am nächsten Morgen haben wir das Hostelzimmer geräumt und sind in ein AirBnB umgezogen, das wir bereits vor einigen Tagen gebucht haben, falls wir in Quarantäne gemusst hätten. Da unsere Gastgeberin unseren Termin nicht eingehalten hat und wir vor der Tür stehengelassen wurden, waren wir ausgesprochen erleichtert, als uns unser Nachbar Slava aus der Patsche geholfen hat. Schließlich haben wir es also in die Wohnung geschafft.

Da Uschgorod am besten mit „klein, aber fein“ beschrieben werden kann und wir dachten, dass wir in Quarantäne müssen, haben wir uns in den vier Tagen, die wir dort verbringen wollten, nichts vorgenommen. Am nächsten Tag hat sicher unser Erlebniseifer darauf beschränkt, dass wir ein kleines Museums-Dorf im Herzen der Stadt besucht haben in dem die Lebensumstände der Menschen in dieser Region in den letzten Jahrhunderten dargestellt wurden. Als Besucher konnte man sich alte Holzhütten und ihre authentische Einrichtung ansehen. Manche der Häuser wurden aus umliegenden Dörfern entfernt und im Museumsdorf wieder aufgebaut. Zum Beispiel die Kirche ist ein Original.

Den Rest des Tagen haben wir damit verbracht durch die Stadt zu schlendern und für das Abendessen einzukaufen. Hier in Uschgorod und auch den anderen Orten, die wir hier in der Ukraine südlich der Karpaten noch besuchen, wirkt es, als wäre die Coronapandemie nicht existent. Nur vereinzelt tragen die Menschen Masken. Das Wetter der nächsten Tage sollte nicht so gut werden, wir haben also unsere Tage um das Kochen von Abendessen und Brotbacken zum Frühstück drumherum geplant. Außerdem haben wir versucht ein Kunstmuseum zu besuchen, dass aber geschlossen war und waren ein paar Mal außerhalb essen. Außerdem haben wir viel Zeit damit verbracht die alten Ladas zu bewundern, die in jedem erdenklichen Stadium des Verfalls das Stadtbild zieren.

Die Ukraine ist wirklich super günstig und das wollten wir ausnutzen. Am Mittwoch sind wir wieder aufgebrochen und haben uns auf den Weg nach Mukatschewe gemacht. Dort haben wir für eine Nacht bei Narine von Couchsurfing angefragt und wurden angenommen. Wir sind am frühen Nachmittag los geradelt und im Dunkeln bei unserer Gastgeberin angekommen. Wir wurden von Narine und ihrer Tochter mit Abendessen empfangen und bekamen sogar ein eigenes Zimmer. Am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück haben uns Narine und ihr Freund Slava Tipps gegeben, was wir in Mukatschewe besuchen sollten. Wir sind also gegen Mittag in die Stadt aufgebrochen und haben uns den Markt und danach die Burg Palanok angesehen. Die Burg beherbergt eine sehr interessante Ausstellung über die Geschichte ihrer Erbauung und die Persönlichkeiten, die mit ihr in Verbindung standen. Außerdem konnten wir einen beeindruckenden Ausblick über die Stadt genießen.

Da es während der Besichtigung ziemlich spät geworden ist, haben wir Narine gefragt, ob wir noch eine Nacht bleiben können. An diesem Abend haben wir dann noch Brot gebacken, wir haben beschlossen zu versuchen unsere Fähigkeiten zu verbessern. Da es recht spät wurde, haben wir in unserem Zimmer frisches Brot gegessen und möglichst viel geschlafen, um am nächsten Morgen frisch, fit und früh aufzubrechen.

Tatsächlich haben wir das auch geschafft. Wir waren bereits vor neun satt und startklar. Aufgebrochen sind wir in Richtung Wynohradiw, der letzten größeren Stadt vor der Grenze um unser restliches ukrainisches Geld dort auszugeben. Der Weg war anstrengend und wir sind bis auf ein paar kurze Pausen durchgefahren. Einen großen Teil der Zeit mussten wir an großen Straßen entlang fahren, allerdings hatte das den Vorteil, dass die Straßen für ukrainische Verhältnisse sehr gut waren. Und einige schöne Ausblicke haben sich uns auch geboten.

Wir waren am frühen Nachmittag da und haben uns, anlässlich unseres halbjährigen Hochzeitstages, mit einem Essen im Restaurant belohnt. Wir haben sogar noch im hellen einen schönen Zeltplatz gefunden. Die Nacht war etwas unruhig, der nur wenige Meter entfernte Fluss hat einige Geräusche gemacht, die sich im Halbschlaf schlecht zuordnen ließen. Am nächsten Morgen waren wir dennoch guter Dinge, da wir an diesem Tag die Grenze überqueren und damit einen großen Schritt auf unserer Weltreise machen wollten. Da es so schön war, haben wir am Zeltplatz gekocht und gefrühstückt.

Bis zur Grenze sollten es noch etwa 20 km sein, wir haben uns auch von den vielen Schlaglöchern, die das Fahren wirklich extrem erschwerten nicht entmutigen lassen. Auf dem Weg zur Grenze haben wir mehrere hundert LKW passiert, die darauf warteten nach Rumänien fahren zu dürfen. Schließlich dort angelangt haben wir feststellen müssen, dass diese westlichste Grenze zwischen der Ukraine und Rumänien ausschließlich für PKW und LKW ist. Wir wurden abgewiesen und haben auch niemanden gefunden, der sich bereit erklärt hat uns mit über die Grenze zu nehmen. Frustriert haben wir uns auf den Weg zurück in Richtung Wynohradiw gemacht. Beim fluchenden umfahren der Schlaglöcher und Ladas sind uns ein alter Mann im Dreiteiler mit Gummistiefeln und seine Kuh begegnet. Wir haben schon häufiger gesehen, wie entweder eine ganze Herde Kühe oder nur eine an der Leine über die Straße geführt wurden.

Wir haben uns fest vorgenommen am nächsten Tag die Grenze zu überfahren und wollten deshalb möglichst noch bis nach Chust kommen. Auf dem Weg haben wir an einem kleinen Markt Pause gemacht und einen Apfel gegessen. Der Marktbesitzer kam raus, schenkte uns Kaffee und Snickers und hat uns gefragt, wo wir denn hin wollen. Wir haben ihm unsere Route gezeigt und er hat uns darüber aufgeklärt, dass diese unbefahrbar ist. Daraufhin sind wir das zweite Mal an diesem Tag umgekehrt und an unserem Schlafplatz der letzten Nacht vorbeigefahren. Allerdings dieses Mal deutlich besser gelaunt.

Nur wenige Kilometer nachdem wir unser Lager passiert haben, wurden wir bei einer kurzen Pause von Stephan angesprochen, der uns zu sich zum Essen eingeladen hat. Bei ihm und seiner Frau angekommen gab es Maispfannkuchen, Schnaps und Kaffee. Wir konnten uns nicht verständigen, da wir keine gemeinsame Sprache hatten, aber unterhalten haben wir uns trotzdem mit Händen und Füßen. Obwohl wir eigentlich noch 20 km hätten fahren wollen, sind wir über Nacht geblieben. Stephan und seine Frau haben uns ihre Schlafcouch zur Verfügung gestellt und uns am Morgen sogar Frühstück gemacht (es gab Maissuppe, selbst gebackenes Brot, Kaffee und frischen Fisch).

Gut gestärkt haben wir bereits gegen 8 Uhr am Morgen die knapp 80 km bis zur Grenze in Angriff genommen. Der Weg war sehr lang und immerzu leicht bergauf. Wir sind die ersten Stunden des Tages ohne Pause durchgefahren und haben bis zum frühen Mittag die ersten 50 km geschafft. Obwohl wir wirklich schnell sein wollten, haben wir uns ein paar Pausen mit Obst und schließlich sogar eine mit Brot, Käse und Tomate gegönnt, die uns Kraft für die letzten 20 km geben sollte. Tatsächlich haben wir, wie bereits von Narine und Slava angekündigt, eine Entdeckung gemacht. Die letzten Kilometer vor der Grenze sind gesäumt von Häusern, die eher an Schlösser erinnern. Allerdings ist keines von ihnen fertiggestellt, sie befinden sich in unterschiedlichen Phasen des Baus und sind unbewohnt. Zum Teil kann man an den Steinen erkennen, dass die Häuser immer wieder um Bereiche erweitert werden. Außerdem sehen einige bereits jetzt sehr altmodisch aus.

Narine uns Slava haben uns erklärt, dass diese „Schlösser“ von Familien erbaut werden, die als Saisonarbeiter in der EU arbeiten. Die ganze Familie geht für ein paar Monate zur Ernte und stecken dann das verdiente Geld in ihr Haus, das immer größer und prunkvoller als das der Nachbarn sein soll, aber deshalb auch niemals fertig gestellt wird. Zum Teil bauen sie seit Generationen an den Häuser, leben aber immernoch in „Bruchbuden“, wie Narine gesagt hat, weil all ihr Geld in das „Schloss“ fließt. Sinn und Zweck soll wohl sein, dass die Kinder eines Tages dort einziehen können, aber das scheint noch nirgendwo passiert zu sein, denn wirklich alle stehen leer.

Vorbei an dieser bizarren Szenerie waren wir schon fast an der Grenze, es war Nachmittag und wir hofften, dass es hier schnell gehen würde. Und das ging es auch, wir haben unseren Ausreisestempel bekommen, wurden von einer Ärztin blitz-untersucht und dann nach Rumänien in die Stadt Sighetu reingelassen.