Nun ging es für uns nach Süden. Leider sind wir erst ziemlich spät aus Poznan aufgebrochen und mussten einen Zeltplatz direkt neben der Bahnstrecke wählen, um noch ein wenig Licht zu haben, als wir das Zelt aufbauten.

Wir haben in den letzten Tagen in Polen eine Entdeckung gemacht. Betonzäune. Überall sind Betonzäune in allen Formen, die man sich vorstellen kann. Manchmal gusseisernen nachempfunden, manchmal sehr modern. Allesamt sind in Modularbauweise und bestehen aus zwei bis drei Ebenen, die man frei kombinieren kann. Eine sehr interessante Modeerscheinung.

Wir sind wieder an einer besonders eindrucksvollen Kirche vorbeigekommen. Die Bazylika Swietogorska. Dort finden neben Gottesdiensten auch Konzerte statt. Die Kirche steht recht einsam auf einem Hügel bei Gostyn.

Ansonsten waren die vier Tage, die wir für den Weg nach Wroclaw benötigten, recht unspektakulär. Wir haben einige kleine Dörfer, schöne Kirchen und viele Felder passiert. Immerzu haben uns der Gegenwind und die Sandpisten das Fahren erheblich erschwert. Außerdem ist uns aufgefallen, dass die Bankdichte im Vergleich zu Deutschland und mit etwas Abstand zur nächsten Stadt deutlich abgenommen hat. Zumindest können wir dem gut ausgeschilderten R9 folgen. Besonders gut gefällt mir, dass nicht, wie häufig in Deutschland, nur die nächsten Dörfer auf den Radschildern stehen, sondern dass bereits in Poznan ein Schild angab, wie weit die Strecke nach Wroclaw noch ist. Die Schilder mit Streckenangaben sind zwar selten und nicht immer richtig, aber trotzdem motiviert es mich zu sehen, wie viel ich schon geschafft habe und wie viel noch vor mir liegt.

Der Tag, an dem wir die Stadt Wroclaw endlich erreicht haben, war verregnet und kalt. Wir waren beide nass bis auf die Knochen, als Anjaneai uns in Empfang genommen hat. Nach einer wohltuenden, warmen Dusche, haben wir gemeinsam ein typisch indisches Festmahl zubereitet. Die kommenden Abende waren ebenfalls von gemeinsamem Kochen geprägt. Wir haben Laugenbrezeln mit Obazda gemacht (wenn jemand andere Ideen für typisch deutsches Essen ohne Fleisch und ohne Ei hat, würde ich mich über einen Kommentar freuen). Und auch am Sonntag haben wir typisch indisch kochen und essen dürfen.

Den nächsten Tag haben wir zur Besichtigung der Stadt vorgesehen, aber da es weiterhin wie aus Eimern schüttete, haben wir nur die Markthalle besucht. Allein dort kann man wohl einen ganzen Tag verbringen. Der Farmers Market liegt im Nord-Osten der Innenstadt. Die Stände im großen Raum haben ein reichhaltiges Angebot an Obst, Gemüse, Blumen, Gebäck, Süßigkeiten, Nüssen und allerlei Kleinigkeiten, die jeder Besucher selbst entdecken muss. Auffällig war die Menge an Verkäufern für Grabschmuck. Das kam mir etwas ungewöhnlich vor. Rund um die Halle verteilt zieht sich ein Ring von weiteren Lebensmittelhändlern. Einige Metzger, ein Fischhändler, ein Bäcker und eine Kaffeerösterei reihen sich an der Außenwand aneinander. Wir haben uns zu einem sehr gemütlichen, orientalisch anmutenden Teeladen hingezogen gefühlt. Dort gab es eine sehr, sehr große Auswahl an Tee und Halva. Halva ist eine Süßspeise, die aus dem zentralasiatischen Raum kommt und haupsächlich aus Fett (Ölsamen) und Zucker (Honig o. ä.) besteht und dann mit Schokolade, Nüssen oder anderen Zutaten verfeinert wird.

Anjaneai hat uns gestattet noch eine weitere Nacht bei ihm zu verbringen, damit wir das bessere Wetter am Sonntag für unsere Stadtbesichtigung nutzen konnten. Das haben wir dann auch getan. Wir haben uns den japanische Garten und die Jahrhunderthalle angesehen. Zu jeder vollen Stunde sieht man in einem der größten Brunnen dieser Art in Europa ein Fontänenspiel zu klassischer Musik und Umgebungsgeräuschen. Abends findet dort regelmäßig eine Show statt, die nicht nur Wasser und Musik, sondern auch Lichteffekte nutzt. Sollte man Wroclaw besuchen, ist das auf jeden Fall einen Abstecher wert. Die Termine findet man hier http://halastulecia.pl/zwiedzanie/fontanna/. Auf dieser Website sind auch die anderen Sehenswürdigkeiten dieser Gegend beschrieben. Beispielsweise der Zoo ist fußläufig erreichbar, sowie der japanische Garten und auch die Besichtigung der Hala Stulecia ist ohne Weiteres möglich.

Den Nachmittag haben wir mit Anjaneai verbracht, er hat uns die Inseln gezeigt, die von zwei Armen der Oder umschlossen mitten in der Stadt liegen. Außerdem waren wir, als es schon dunkel wurde, beim Dom. Leider konnten wir ihn nicht besichtigen, da eine Messe stattfand.

Wieder in der Wohnung, haben wir das bereits erwähnte indische Essen gekocht und uns über die bevorstehende Reise ausgetauscht. Wir haben auch von ihm einige Tipps bezüglich unserer Zeit in Indien bekommen. Besonders viel Lust hat er uns auf Nord-Indien gemacht, denn er hat viel von den Bergen und der Einsamkeit der Natur geschwärmt. Wir hatten eine wirklich schöne Zeit in Wroclaw, müssen aber jetzt am Montag doch endlich weiter.