Da wir keinen Sinn darin gesehen haben den Flughafen in Mexiko-Stadt um drei Uhr in der Früh zu verlassen, haben wir uns zum Frühstück Tacos gekauft und uns im klimatisierten Flughafengebäude niedergelassen. Die ersten mexikanischen Tacos wurden von zwei scharfen Soßen, Hühnchenfleisch, Zwiebeln und Limetten begleitet. Zu spülen gab es einen sehr süßen Traubensaft. Gegen Acht haben wir entschieden, dass es Zeit ist sich zum Hostel zu begeben und unsere Taschen dort abzugeben bis unsere Betten bezugsfertig sind.

An der Metrobus-Station haben wir uns jeweils eine Metrokarte gekauft. Wie in Istanbul werden diese auch hier mit Geld aufgeladen und beim Betreten der Metrostation oder des Busses mit dem Fahrpreis belastet. Die Busfahrt zum Hostel war rasant und ruckelig. Glücklicherweise haben wir die Karte heruntergeladen und wussten so, wann wir aussteigen mussten. Hätten wir keine GPS-Verfolgung gehabt, wären wir, mangels Haltestellenschildern, verloren gewesen. Auf dem Weg von der Bushaltestelle zum Hostel im Centro Historico wurden wir von einigen Militärfahrzeugen überholt, die jeweils etwa 30 Soldaten mit Maschinengewehren auf der Ladefläche hatten. Der Anblick war sehr ungewohnt für uns, da aber alle freundlich zurückgewunken haben, haben wir uns nicht durch die Militärpräsenz bedroht gefühlt.

Im Hostel angekommen waren wir bereits völlig verschwitzt. Wir haben unsere Reisetaschen abgegeben und uns mit unserem Handgepäck auf den Weg gemacht. Von einer Frau, die ich auf Couchsurfing gefunden habe, habe ich die Adresse von einer Klinik bekommen, die einen renommierten Gynäkologen beschäftigt. Da ich leider per E-Mail niemanden erreicht habe, haben wir entschieden die Metro nach San Angel zu nehmen und persönlich einen Termin zu vereinbaren. Die Metro war voll wie eine Sardinenbüchse. Im Gegensatz zu Andi hatte ich das große Glück einen Platz angeboten zu bekommen. Zum ersten Mal seit Beginn der Reise war ich mir, trotz der Maskenpflicht, der Ansteckungsgefahr durch die vielen Atmenden in der Metro überdeutlich bewusst. Wir waren heilfroh, als wir die Metro endlich verlassen konnten. Als wir die Klinik betraten wurden wir vom angenehm kühlen Luftstrom einer Klimaanlage begrüßt. Wir wurden sofort in den sechsten Stock weitergeleitet und aufgefordert am Schalter der Assistentin des Arztes nach einem Termin zu fragen. Dank unserer rudimentären Spanischkenntnisse und des Google-Übersetzers haben wir uns schnell darauf verständigt, etwa eine Stunde auf die Rückkehr des Doktors zu warten und dann den Ultraschall zu machen. Andi und ich haben also im Wartezimmer Rommee gespielt und ausgeharrt.

Leider war das Ultraschallgerät eher mäßig und deshalb kaum etwas zu erkennen. Die Informationen, die der Arzt uns geben konnte, waren wenig aufschlussreich, allerdings hat uns seine Aussage, dass alles in Ordnung sei, auch völlig gereicht. Alles in Allem waren wir mit dem Preis-Leistungs-Verhältnis nicht so zufrieden und freuten uns darauf in vier Wochen hoffentlich wieder ein richtiges Bild von unserem Baby sehen zu können.

Immerhin war auf dem Rückweg die Metro minimal weniger überfüllt. Die Stunden bis wir tatsächlich einchecken konnten, haben wir dann mit der Erkundung der unmittelbaren Umgebung des Hostels verbracht. Nachdem wir unsere Betten bezogen und ausgiebig geduscht haben, wollten wir uns „nur kurz“ ausruhen und haben fünf Stunden des Nachmittags verschlafen. Soviel zu unserem Kampf gegen den Jetlag. Um drei Uhr morgens war auch also vollkommen ausgeschlafen und habe mich in die Hostelküche begeben um der extrem stickigen Luft im Zehnbettzimmer zu entkommen. Andi ist gegen sieben Uhr, ich habe ihn um diese Uhrzeit noch nie außerhalb eines Bettes gesehen, zu mir gestoßen und hat das Hostelfrühstück mitgebracht. In braunen Papiertüten gab es ein labberiges Toast-Sandwitch mit Formschinken und Schmelzkäse, garniert mit einer Tomatenscheibe, einem Salatblatt und Mayonnaise. Als vitaminreiche Beilage gab es Fruchtjoghurt mit Stückchen und einen viel zu süßen Fruchtsaft. Alles in Allem ebenfalls eher enttäuschend. Nach diesem sogenannten Frühstück haben wir zunächst angefangen zu recherchieren, wie, wo und ob es ein passendes Auto für uns und unsere großen Pläne gibt.

Gegen Mittag wollten wir eine Pause einlegen und unseren Hunger stillen. In einem kleinen Imbiss haben wir für 135 Pesos, also etwa 5,50 € jeweils eine Fruchtmischung, ein typisches Hauptgericht und eine Kaffeeflat erstanden. Endlich satt und glücklich haben wir angefangen die Altstadt nach Sehenswürdigkeiten und interessanten Geschäften zu durchkämmen. Dabei sind wir auf einige sehr ansprechende Graffiti gestoßen und haben einige Besorgungen gemacht.

Am nächsten Tag sind wir mit dem Metrobus eine Stunde lang zu einem Kunstmarkt gefahren. Dort wurden hauptsächlich Bilder, aber auch Schmuck, Kleidung und anderes Kunsthandwerk von lokalen Künstlern ausgestellt. Besonders die ein oder anderen Bilder habe ich bewundert. Zum Beispiel kleine Kohlezeichnungen, die anatomisch korrekte Insekten darstellten. Oder ein Künstler, der Kunst für Kinder malt. Auch interessant war eine Malerin, die im Stil von Tim Burton verschiedene mexikanische Motive dargestellt hat.

Trotzdem sind wir, bis auf Andis neue Kopfbedeckung, unverrichteter Dinge wieder abgezogen, da ein Ölgemälde im Rahmen nicht wirklich in unser Gepäck gepasst hat. Es war ein anstrengender Tag für mich, die Hitze, die Höhe (Mexiko-Stadt liegt auf knapp 2300 Metern Höhe) und die Schwangerschaft schlagen mir doch erheblich auf die Kondition. Neben Besuchen einiger Sehenswürdigkeiten, haben sich die folgenden Tage in Mexiko-Stadt hauptsächlich im die Beschaffung eines Fahrzeugs gedreht.

Zunächst möchte ich von den schönen Dingen erzählen. Wir haben am ersten Sonntag den größten und bekanntesten Park besucht, der glücklicherweise mit der Metro, diesmal nicht ganz so voll, nur 20 Minuten entfernt liegt. Wir haben einen Walmart besucht und dort neben Gemüse sogar Nudeln und Pesto erstanden.

Wir waren im alten Postamt. Dieses ist nicht nur wunderschön und alt, sondern auch nach wie vor in Betrieb. Wir waren in „Chinatown“ und im Bazar de San Juan. Wir haben uns das Frieda Kahlo Museum angeschaut und die Altstadt besichtigt. Leider waren das auch schon unsere großen kulturellen Ausflüge. Ansonsten haben wir, wie gesagt, viel Zeit am Laptop im Hostel verbracht, um einen Plan für unsere nächste Zukunft zu machen.

Wir haben zunächst geforscht, welche Möglichkeiten es für uns überhaupt gab. Die erste Option war ein Auto in Deutschland zu kaufen, meinen Vater zu bitten es auf sich zuzulassen und mit seiner Versicherungsvertreterin einen ruhenden Vertrag zu vereinbaren solange das Auto außer Landes ist. Dann hätten wir das Auto nach Mexiko verschiffen müssen. Das Problem dabei ist, dass nicht alle Grenzen in Amerika entspannt mit Fahrern umgehen, die mit einem Fahrzeug unterwegs sind, das nicht auf sie selber zugelassen ist. Außerdem ist diese Option teuer. Das Auto, der Ausbau, die Verschiffung, das alles zusammen lässt das Verlangen nach einem guten, deutschen Mercedes in den Hintergrund rutschen. Die zweite Option ist der Kauf eines Autos in den USA. In Californien, Vermont, Montana und einigen anderen Staaten ist es für Ausländer, zum Teil auf Umwegen, möglich ein Fahrzeug auf sich zuzulassen. Das wäre eine sichere und verhältnismäßig günstige Möglichkeit ein geeignetes Fahrzeug zu erwerben. Allerdings sind die Grenzen der USA, dank der Pandemie, bis auf weiteres geschlossen. Auf Nachfrage bei der Botschaft und dem Gesundheitsamt der Vereinigten Staaten, wurde uns die Befürchtung bestätigt, dass der Erwerb eines Fahrzeugs kein triftiger Grund für eine Einreise trotz der aktuellen Beschränkungen bietet. Diese Möglichkeit fiel also bis auf weiteres flach. Wir haben gelernt nicht darauf zu spekulieren, dass Grenzen in kurzer Zeit wieder öffnen könnten. Also blieb uns noch die dritte Option. Ein Auto zu kaufen, dass sich in Zentralamerika befindet. Allerdings schieden einheimische Fahrzeuge direkt aus, da es entweder als Ausländer ohne permanente Aufenthaltsgenehmigung und festen Wohnsitz nicht möglich war, oder das zwar möglich, aber das Ausführen in andere Staaten Zentralamerikas unmöglich war. Wir mussten also ein Auto finden, das in einem zentralamerikanischen Land mit offenen Grenzen stand und ein US-Kennzeichen hatte. Glücklicherweise gibt es einen Facebook-Marketplace und eine Facebookgruppe, die viele Overlander (Menschen mit Zuhause auf Rädern) nutzen, um sich auszutauschen und nach dem Trip ihre Fahrzeuge zu verkaufen. Gefunden haben wir einige, die sich zwischen Mexiko und Panama befinden. Allerdings waren einige außerhalb unseres Budgets, standen schon seit Beginn der Pandemie unbewegt an einem Ort oder hatten nicht die unbedingt gewünschte Stehhöhe. Am Ende unserer Suche, dem 12.4.2021, sind wir in Panama auf Carlos gestoßen. Carlos ist ein Ford Pickup von 1997 mit einer Wohnkabine namens Lance auf der Ladefläche. Wir haben uns also mit Martin und Marie in Verbindung gesetzt und unser Interesse bekundet. Carlos und Lance waren noch zu haben, also haben wir für den kommenden Dienstag einen Flug nach Costa Rica und für Donnerstag einen Bus nach Panama City gebucht. Dank ausführlicher Videos und Beschreibungen haben wir einen guten Eindruck von Carlos. Marie und Martin haben sich sehr bemüht uns genau zu beschreiben, welche Macken wir mit kaufen werden. Wir haben entschieden den Beiden zu vertrauen und zugesagt, dass wir Carlos wirklich haben wollen.

Am Dienstag, den 20.4., haben wir also die Reise zu unserem neuen Zuhause angetreten. Wir haben dabei inständig gehofft, dass wir wirklich das letzte Mal auf unserer Reise ein Flugzeug besteigen mussten. Zum Hoffen sind wir allerdings erst im Flugzeug gekommen. Zuvor waren wir damit beschäftigt den Flug nicht zu verpassen. Wir waren schon beim Check-In des Gepäcks recht spät dran, um dann festzustellen, dass wir neben dem Einreiseformular für Costa Rica zusätzlich ein Onlineformular für die mexikanischen Behörden ausfüllen mussten. Exakt zu Beginn des Boardings unserer Gruppe haben wir das Gate erreicht. Ein paar Stunden und einen unruhigen Flug später sind wir in San Jose gelandet. Dort haben wir einen Bus in die Stadt genommen und uns erst mal, um 14 Uhr, etwas zum Frühstücken gesucht. Dieses Frühstück bestand aus dem typischen Gallo Pinto, schwarzen Bohnen mit Reis, dazu Omelett, Würstchen, Kochbananen und hausgemachte Limonade. Für zwei Nächte haben wir uns ein Hostelzimmer gebucht. Außer einem Antigen-Test am nächsten Tag hatten wir glücklicherweise nicht viel zu tun bis wir unseren Nachtbus am Donnerstag besteigen mussten. Als wir den Test bezahlt haben, mussten wir feststellen, dass die Entscheidung statt eines Direktfluges, einen Flug nach Costa Rica und dann einen Bus nach Panama Stadt zu nehmen um etwa 30 US-Dollar pro Person zu sparen nach Hinten losging, denn der Antigen-Test in Costa Rica ist unglücklicherweise deutlich teurer als der in Mexiko. Am Busbahnhof mussten wir außerdem feststellen, dass wir Panama nicht ohne einen Beweis, also ein Ticket, betreten dürfen, dass wir das Land wieder verlassen werden. Zu erklären, dass wir mit einem Auto ausreisen werden hat nicht gefruchtet. Also mussten wir noch zwei Bustickets erstehen, die nicht erstattungsfähig sind, aber beweisen, dass wir zurück nach Costa Rica reisen wollten. Alternativ hätten wir spontan ein vielleicht erstattungsfähiges Flugticket für 1000 € kaufen können, aber dieses Risiko wollten wir dann doch nicht eingehen.

Am Morgen, nach einem erstaunlich erholsamen Schlaf im Bus, sind wir an der Grenze angekommen. Das Ausreisen klappte zum Glück ohne Probleme, das Einreisen in Panama war weniger einfach. Zwar hatten Andi und ich keinen Argwohn geweckt, aber scheinbar war unser gesamter Bus für eine verdachtsunabhängige Intensivkontrolle ausgewählt worden. Alle Taschen mussten raus und wir mussten uns anstellen, um unsere Taschen vom Zoll durchsuchen zu lassen. Neben den zwei europäischen Backpackern waren wir die einzigen, die bei der Kontrolle durchgewunken wurden. Wir konnten also im klimatisierten Bus warten. Viel später als geplant sind wir im Bodhi Panama City, einem Hostel, das Marie für uns ausgewählt hat, angekommen. Zum ersten Mal auf unserer Reise haben wir uns ein Taxi gegönnt, um schnell zu einer kalten Dusche zu kommen.

Abends haben wir Marie, Martin und ihre Hündin Mexi kennengelernt. Wir haben sogar etwas zu Essen bekommen und konnten uns (zur Abwechslung sogar auf Deutsch) über unsere Reiseerfahrungen austauschen. Carlos stand übers Wochenende auf einem Parkplatz der Zollbehörde, da sein Temporary Import Permit ausgelaufen ist und wir das auf unsere Namen erneuern mussten. Darüber erzähle ich aber lieber mehr, wenn ich sicher bin, dass der Prozess der Ummeldung problemlos über die Bühne gegangen ist. Aktuell würden Tipps aus meinem Mund eher denen eines Blinden gleichen, der einen Blinden führt.

Auf jeden Fall haben wir uns zu viert zu einem Notar begeben, der eine Vollmacht beglaubigt hat mit der Martin Andi erlaubt, den auf ihn angemeldeten Wagen abzuholen und zu fahren. Es hat noch bis Mittwoch gedauert, bis wir alle Hürden aus dem Weg geräumt haben und Carlos tatsächlich abholen konnten. Im Hostel haben Martin und Marie uns nochmal alles erklärt und gezeigt. Wir waren am Ende der Führung alle sehr erleichtert. Andi und ich, weil wir uns den Wagen genauso vorgestellt haben, wie er ist. Wir wussten, dass wir noch einiges zu tun haben, bis er wirklich unseren Vorstellungen entspricht. Marie und Martin waren froh zu hören, dass wir Carlos auch gekauft hätten, wenn wir ihn vorher schon gesehen hätten.

Nach einer weiteren Nacht im Hostel haben sich unsere neuen Freunde verabschiedet und sind zu ihrer Bleibe an den Strand zurück gekehrt. Andi und ich haben den Vormittag dazu genutzt die Ummeldung in die Wege zu leiten indem wir den Title des Autos zu einer Firma in Montana geschickt haben, die das für uns erledigen wird. Auch dazu werden wir mehr erzählen, wenn es tatsächlich geklappt hat.

Am Nachmittag sind wir dann in unser Eigenheim gezogen. All unsere verbliebenen Sachen sind verstaut und gesichert und wir sind bereit für die erste Nacht im neuen Zuhause.