Heute schreibe ich den ersten Eintrag von unterwegs. Ich habe schon gehört, dass ich mir mit dem ersten Bericht zu viel Zeit gelassen habe, aber jetzt kommt er und wird bestimmt etwas länger, als gewöhnlich. Wir sind seit zwei Wochen unterwegs und machen bereits unsere erste Pause bei meinen Cousins und Cousinen in Brokeloh. Aber ich möchte das Pferd nicht von hinten aufzäumen und beginne daher lieber am Anfang unserer Reise. Ich habe ein Tagebuch geführt, nur ein grobes zwar, aber es wird reichen um von unseren bisherigen Erlebnissen zu berichten.

Wir sind also am 4. Juli aufgebrochen um die erste Etappe zu bestreiten. Das zu Fuß etwa 325 km entfernte Brokeloh am Rande Niedersachsens war unser erstes Ziel auf dem Weg nach Kiel. Wir haben die Route mit dem Wanderroutenplaner NRW geplant, auf unsere GPS Uhren gespielt und konnten so einem Weg folgen, der uns zunächst nach Dortmund geführt hat. Dorthin haben wir vier Tage gebraucht, die von einer Nacht auf dem Sofa unseres Schulfreundes Nicolas gekrönt waren. Wir durften eine erfrischende Dusche nehmen und wurden mit allem, was das Herz begehrt, versorgt. In diesen ersten vier Tagen war es kühl und regnerisch. Unsere Hüften waren von den Rucksackgurten wund, unsere Schultern verspannt und unsere Füße überlastet. Wir sind kaum einen Tag mehr als 20 km gelaufen und waren trotzdem immer sehr erschöpft. Es lief noch nicht rund bei uns. Wir haben aber bereits einen Entschluss gefasst, der uns zunächst zur Probe bis nach Kiel begleiten soll: wir möchten versuchen mit 28 € pro Woche für Essen auszukommen.

Nach der Übernachtung bei Nicolas lief es bereits besser, wir waren zu unserer großen Erleichterung nicht mehr im Bergischen Land und das Wetter war ein bisschen weniger unangenehm, obwohl es immernoch von Zeit zu Zeit etwas schwül war und regnete. Alles in Allem sind die Wandertage ab diesem Zeitpunkt etwas an uns vorbeigezogen. Die Felder und Wälder, die wir auf unserem Weg gesehen haben, sind in unserer Erinnerung verschwommen. Doch es gab immer wieder einprägsame Situationen. Wir trafen beispielsweise immer mehr Menschen, für die Wanderer wie wir kein so ungewöhnlicher Anblick sind, da wir uns von da an auf dem Jakobsweg befanden, der uns von Dortmund aus nach Soest in Richtung Osten führt. Und am 7. Tag der Wanderung wurden wir in einer Grundschule in Werl zum Mittagessen bei der Ferienbetreuung eingeladen. Ab dem 8. Tag kamen wir auffällig viel besser voran, das Wetter hat sich erheblich verschönert und das Land war weiterhin flach, wir haben das erste Mal mehr als 25 km geschafft. Bereits am 9. Tag haben wir so Rheda-Wiedenbrück erreicht. Dort haben wir uns einen Friedhof (sehr praktisch wegen des frischen Wassers) gesucht und da unsere Anziehsachen gewaschen. Ebendort haben wir auch Bernhard kennengelernt, er hat unsere Verzweiflung über die Schlafplatzsuche an diesem Abend erkannt und uns seinen Garten für die Nacht angeboten. Wir haben dieses Angebot dankend angenommen. Bei ihm angekommen haben wir aber noch mehr bekommen: Sprudelwasser, eine Toilette, eine Dusche und sogar ein Frühstück am nächsten Tag. Wir konnten also frisch gewaschen und gestärkt am nächsten Tag weiterziehen. Auch die Menschen, die wir trafen, blieben uns in Erinnerung. Wir trafen den ältesten Blogger Bielefelds, der sich selbst als Forschungsreisenden bezeichnet und uns von seinen Abenteuer erzählt hat. Eine Doktorin für Kolonial-Geschichte hat uns Lust auf China gemacht und uns die Augen für die unterschiedlichen gesellschaftlichen Leitfäden verschiedener Kuturen geöffnet, die wir in Zukunft auf unserer Reise aufmerksamer betrachten möchten. Am selben Tag tranken wir in einem Garten am Rand der Stadt Bielefeld Wasser und Kaffee und unterhielten uns mit den Bewohnern des Hauses über Gott und die Welt, wie man so schön sagt. Und trotz diesen Begegnungen knackten wir die 30 km Marke als wir unser Lager mitten in der Nacht erst nach Herford aufgeschlagen haben. Wir trafen einen Jungen, der uns gefragt hat, ob wir einen Weltspaziergang machen, eine Bezeichnung, die ich gerne beibehalten möchte, denn ein Weltspazierganz klingt nach genau dem, was wir uns vorstellen, nur nicht ausschließlich zu Fuß. Eine Gruppe junger Erwachsener betet jeden Donnerstag um 5 Uhr morgens für die Stadt Minden und ihre Bewohner am Kaiser-Wilhelm-Denkmal. Wir haben direkt hinter dem Monument geschlafen und sind extra früh aufgestanden um den Sonnenaufgang zu bewundern. Ein Mindener Mittvierziger reichte uns in Petershagen 25 € aus seinem Auto, damit wir uns etwas gönnen können. Am Abend nach Petershagen hatten wir den bisher schönsten Schlafplatz an einem See, wir konnten einen wunderschönen Sonnenuntergang genießen. Dann folgte der 14. Tag, der letzte Wandertag bis Brokeloh. Wir sind am frühen Abend auf dem Rittergut meiner Großcousine eingefallen und haben uns breit gemacht. Wir haben ein Bett bekommen, eine Dusche, Eis, Trinken, lang ersehnte Flammkuchen und dürfen sogar einige Tage bleiben, um uns auszuruhen und das werden wir auch ausnutzen. Meine Eltern werden uns hier besuchen und ein paar Sachen die wir nicht brauchen mitnehmen und ein paar andere, die wir brauchen, mitbringen. Wir haben beispielsweise erst zwei Mal warm gegessen, da der Hobokocher leider nicht ganz so praktisch ist, also bringen meine Eltern unseren Benzinkocher mit. Wir sind bisher mit unserem 28 € Budget gut ausgekommen und hoffen, dass das noch besser klappt, wenn wir öfter Reis oder Nudeln kochen können.

Nach unserer Pause werden wir vermutlich am Mittwoch weiterlaufen. Aber erstmal nur nach Bassum, was etwa 60 km entfernt liegt, um dort auch Andi’s Onkel und Cousinen unsere Aufwartung zu machen und vielleicht noch eine Nacht in einem Bett und auf jeden Fall eine warme Dusche zu ergattern.

Wir freuen uns jetzt schon darauf weiter zu gehen, langsam entwickeln wir eine Routine und spielen uns als Team immer weiter ein.